Harald Pohle, Mitglied des Landtags Brandenburg

Aktuelle Stunde zum Thema Direkte Demokratie und Ehrenamt in Pandemiezeiten

20.1.2022

Im Rahmen einer Aktuellen Stunde debattierte der Landtag über das Thema Direkte Demokratie und Ehrenamt in Pandemiezeiten. Als kommunalpolitischer Sprecher habe ich dabei das kommunalpolitische Ehrenamt in den Fokus gerückt. Meine Rede ist hier zu lesen:

https://www.rbb-online.de/imparlament

Sehr geehrte Frau Präsidentin,
sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete,

zum Thema Volksbegehren in Corona-Zeiten haben wir uns im Plenum und auch im Innenausschuss jetzt wiederholt auseinandergesetzt. Ich möchte einen Teil meiner Redezeit daher gern dem kommunalpolitischen Ehrenamt unter Pandemiebedingungen widmen.

Politik lebt vom Miteinander. Es wäre daher Schönfärberei zu behaupten, dass die pandemische Lage das kommunalpolitische Engagement nicht erschwert. Viele der Aktiven finden aber trotz der Eindämmungsmaßnahmen Wege, um die Kommunikation aufrecht zu erhalten und an gemeinsamen Zielen zu arbeiten. Sie bleiben im Gespräch – persönlich, per Telefon oder über Videoschalten. Sie entwickeln Corona-konforme Veranstaltungskonzepte. Sie stellen Aktionen im öffentlichen Raum auf die Beine, die auch ohne viel Kontakt die Aufmerksamkeit auf ein politisches Anliegen lenken. Sie nehmen sich weiter den Anliegen der Menschen an, sie erklären, sie helfen, sie ackern und sie stellen sich dem Frust der Pandemiemüden. Mein Dank gilt deshalb all diesen Ehrenamtlichen, die dranbleiben und mit großem persönlichen Einsatz Lösungen für die pandemiebedingten Herausforderungen finden.

Wir als Landtag haben unseren Teil zur Stärkung dieses ehrenamtlichen Engagements beigetragen, indem wir kurzfristig den rechtlichen Rahmen an die drängenden Probleme angepasst haben. Das haben wir z. B. mit der Notlageverordnung, den beschlossenen Änderungen in der Kommunalverfassung und dem Kommunalwahlgesetz getan. Hervorheben möchte ich die Ermöglichung digitaler Sitzungsformate, um die Arbeitsfähigkeit der Kommunalvertretungen auch ohne Präsenzsitzungen zu gewährleisten. Was als Notlösung entstand, haben wir nun fest verankert und damit einen wichtigen Baustein für die Zukunft des ehrenamtlichen kommunalen Mandats gesetzt. Wir ermöglichen damit die Beteiligung all jener, deren Zeit, Gesundheit oder Mobilität beschränkt ist. Und mancher Kreistag vermeldet bei seinen digitalen Sitzungen sogar Besucherrekorde. Diese Neuerungen sind eine echte Chance für Teilhabe und Transparenz.

Dennoch ist klar, dass die letzten zwei Jahre auch bei den Aktiven vor Ort ihre Spuren hinterlassen haben. In meinen Augen müssen wir auch deshalb darauf Acht geben, die Entscheidungskompetenzen unserer Kommunalvertretungen nicht durch künftige Landesgesetze einzuschränken oder zu verlagern. Denn eine wichtige Triebfeder des kommunalpolitischen Ehrenamtes ist es ja, das Leben vor Ort auch tatsächlich gestalten zu können. Diese Möglichkeit, sich wirkungsvoll in die kommunale Selbstverwaltung einzubringen, gilt es zu bewahren. Denn wir brauchen sie, diese ehrenamtlich Aktiven und gewählten Vertreter, die ihre Zeit, ihr Wissen und ihren persönlichen Einsatz für unser Gemeinwohl einbringen.

In Bezug auf die direkte Demokratie möchte ich noch einen ganz bestimmten Aspekt beleuchten. Vor allem jetzt im aufgeheizten Klima der Pandemie wird von einigen immer wieder unterschwellig oder ganz offen eine Kontrahentenstellung aufgebaut. Auf der einen Seite steht dabei das Parlament – sei es die Gemeindevertretung oder der Landtag. Dem entgegen steht dann der angeblich einzig wahre Bürgerwille. Gewählte Volks- und Gemeindevertreter werden zum Gegner erklärt. Die Verfahren der direkten Demokratie werden dabei nicht als Form der punktuellen demokratischen Beteiligung verstanden, sondern sogar hier im Parlament von der AfD als Waffe bezeichnet, deren Klinge es zu schleifen gelte, um sich mit ihr zur Wehr zu setzen. Das ist für mich unerträglich.

Was wir in unserer Gesellschaft mit ihren vielfältigen Ideen und Forderungen brauchen, das sind offene Debatten und demokratische Entscheidungsprozesse. Was wir nicht brauchen, das sind wie auch immer bewaffnete Demagogen.

Meine Damen und Herren, ich komme zum Schluss: den Entschließungsantrag der BVB/Freien Wähler, den man wohl eher als Werbeveranstaltung verstehen kann, lehnen wir ab.

Vielen Dank.

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